samedi 23 avril 2011

's ist Krieg!

Über ‘s ist Krieg!
Allen behandelten Autoren, darunter vielen schon vor 30 Jahren vergessenen, war gemeinsam, das Leben im und das Leiden am Krieg literarisch fixiert zu haben. Was so kenntlich gemacht wurde, war der Geisteszustand einer Masse (Kurt Tucholsky) zwischen Angst und Renitenz, Entmündigung und zerschlagenem Selbstbewusstsein, Befreiungsversuchen und Überlebenstechniken in einer unabsehbaren sozialen Misere, in der der Krieg gleichermaßen als Katastrophe wie als Fortsetzung des Friedens mit anderen Mitteln erscheinen musste. Diese Literatur erinnerte ebenso an die Hoffnung auf das ganz Andere, wie sie – verzweifelt oder demagogisch – nachträglich Sinngebung des Sinnlosen betrieb.
     Die Literatur über den Krieg 1914 – 1918 und seine Nachkrieg genannte Fortsetzung in der Weimarer Republik bis 1921/24, in einer Zeit andauernder Kriegsgefahr bis Ende der zwanziger bzw. Anfang der dreißiger Jahre erschienen und an allen politischen Fronten heftig umkämpft, erreichte Massenauflagen und Millionen Leser. Diese Literatur artikulierte in ihrer Breite authentisch das beschädigte Bewusstsein einer ganzen Generation.
     Dagegen muss die zeitgenössische Kritik – wie später die Literaturwissenschaft – in vielen Fällen wie eine Sichtblende funktioniert haben: Von der “Linkskurve“ bis zur “Weltbühne“ wurde gegen diese Literatur zu oft ein Wissensvorsprung über die ‘Ursachen des Krieges‘ ausgespielt, anstatt in ihr den Bedürfnissen, Interessen und Widersprüchen in den Massen nachzuspüren. So geriet sie weitgehend in Vergessenheit zwischen ästhetischer Geringschätzung und ideologischer Denunziation oder Vereinnahmung.
       Der Autor versuchte eine Wiederentdeckung.
       Seine exemplarische Lektüre entfaltet einen spannungsreichsvollen Begriff vom Eingriffen der Massen in die Geschichte, aufgespürt nicht zuletzt in einer lebendigen und historisch dichten sogenannt mittleren Literatur; seine korporative Verbundenheit mit der Sache der ‘einfachen Leute‘ in dieser Literatur wertet auch manche trivialen Zeugnisse der Geschichte auf.  Seine Auseinandersetzung mit der dem politischen Interesse(x) an  einer solchen Lektüre den Weg verstellenden Literaturkritik und –wissenschaft ist weniger eine interne philologische Rangelei als vielmehr der Versuch, eine gegen den Krieg gewendete Tradition Lesern aus der breiter und intensiver werdenden Friedensbewegung seiner Zeit zu vermitteln. Sein politischer Standpunkt wäre von heute aus in Frage zu stellen. Der erste Satz von Manfred Nössig begann seine Rezension im Auftrag des Zentralinstituts für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR mit  folgendem Satz: „ Dies ist nicht das erste und einzige Buch über deutsche Kriegsromane zwischen 1915 und 1933, aber wohl das bisher brisanteste: Ms Anliegen ist weder akademische noch populäre Literaturgeschichtsdarstellung, sondern Zugriff auf die Zeitgeschichte, Eingriff in die Bewegung der Friedensrettung.“ Seine Besprechung endete mit folgender Einschätzung: „ Er geht bis zur absoluten  Negation ihrer – der kommunistischen Arbeiterbewegung(Emo) – ihrer staatgewordenen Friedensverteidigung in der DDR. Diese Blindheit gegenüber politischen und literarischen Chancen für eine Mehrheitsbewegung gegen den Krieg, diese Position zwischen den Stühlen ist die bedauerliche Grenze des Buches.“ (Referatedienst zur Literaturwissenschaft Jahrgang XV, Heft 3, Berlin 1983)
     Wie brisant ein solcher Versuch vor 30 Jahren empfunden werden konnte, belegt aber auch die Zensur im RIAS(Rundfunkt in der amerikanisch besetzten Zone Westberlin): Die letzte Folge eines auf ‘s ist Krieg! basierenden Features wurde – vor dem Hintergrund der Friedensdemonstrationen im Herbst 1981 – wegen “Unausgewogenheit“ zunächst abgesetzt, dann aber nach öffentlichen Protesten doch gesendet.

mercredi 20 avril 2011

Annonce

Vor dreißig Jahren erschien mein vollkommen vergriffenes, im Verlag Das Arsenal Berlin erschienenes Buch ‘s ist Krieg! Versuch zur Literatur über den Krieg 1914 – 1933, ISBN 3-921810-50-7. Da es nur noch in großen Universitätsbibliotheken und auch dort nicht auszuleihen, sondern nur einzusehen ist, habe ich mir gedacht, es könnte sinnvoll sein, an dieses Buch zu erinnern und demnächst, aus gegebenem Anlass, Auszüge zu veröffentlichen.